Freitag, 12. Februar 2016

Willkommen auf dieser Plattform!

Liebe Leserin, lieber Leser,
im Zentrum der Frage der Bildung steht der MENSCH. An ihm orientiert sich diese Frage: an seinem Wesen, seiner Freiheit, seiner Selbstbestimmtheit, seiner Würde. Dies ist eine hier vorausgesetzte Annahme, die nicht verhandelbar ist. Eigentlich wäre es somit ganz einfach, wenn es nicht unendlich kompliziert wäre ...
Derzeit und schon seit (zu) langer Zeit steht im Fokus der Bildungsfrage hingegen die SCHULE. Die noch etwas besseren Überlegungen gehen dahin, wie die Schule zu verändern ist, dass sie zum Menschen passt. Die weniger guten bis regelrecht dramatischen Überlegungen zielen darauf ab, wie der Mensch zu verändern ist, so dass er in die Schule passt. Bei keinen dieser Überlegungen steht der Mensch wirklich im Mittelpunkt. Kaum jemand wagt es, vertrauensvoll vom Menschen als kompetentes und potentes Wesen aus zu gehen und zu denken. Wo würden wir da hinkommen?
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Dieser BLOG ist vor etwa zwei Jahren entstanden als Folge eines anderen Blogs, aus dem damals ein Buch hervorging, in welchem heiß diskutiert wurde darum, was denn "BILDUNGSFREIHEIT" sein mag (es trägt den Titel Versuche zur Verteidigung der Freiheit - Nachdenkliches zur "Bildungsrepublik").
Der erste und lange Zeit einzige hier veröffentlichte Beitrag ist ein Briefwechsel mit einem Familienrichter, der mit folgendem Anliegen konfrontiert wurde:
Unter den jungen Menschen, die als schulpflichtig kategorisiert werden, gibt es immer wieder welche, die nicht auf die in der Schule vorgegebene Weise lernen wollen, sondern sich individuell selbstbestimmt bilden möchten – und sich deswegen dem Schulbesuch verweigern. Andere haben in der Schule Gewalt durch Mitschüler oder Lehrer erfahren oder miterlebt oder sonstige sehr unangenehme Erfahrungen gemacht und sind deswegen nicht bereit, weiter zur Schule zu gehen.
Dass sich diese jungen Menschen für eine Art der Bildung (außerhalb von Schule) entscheiden, ist unserer Auffassung nach völlig verständlich und gerechtfertigt. Von Seiten des Staates wird dies jedoch nicht akzeptiert. Von den Behörden wird in der Regel kompromisslos versucht, einen Schulbesuch zu erzwingen, unabhängig davon, ob dies im konkreten Fall dem Wohl der Betroffenen dient oder ob dadurch die Rechte der Betroffenen verletzt werden. ...
... wie sich ein betroffener junger Mensch dagegen wehren kann, dass seine eigenen Entscheidungen und Erfahrungen ignoriert werden und „über seinen Kopf hinweg“ entschieden wird. Wie kann er deutlich machen, dass seine Entscheidung wohl überlegt und begründet ist und er selbst weder gestört noch krank ist? Wie kann er sich gegen eine zwangsweise Therapie und „Fremdunterbringung“ wehren?
Über eine Antwort würden wir uns sehr freuen.
Diese Fragen wurden beantwortet mit:
Ihr Anliegen missbillige ich in höchstem Maße. Als Familienrichter habe ich ohne jedes Zögern Schulverweigerern das Sorgerecht teilweise entzogen, um einen geregelten Schulbesuch sicherzustellen. ... Ich bitte Sie, mich nicht mehr zu kontaktieren.
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Der zweite hier veröffentlichte Beitrag ist der sehr lesenswerte und leider viel zu wenig bekannte KINDER-DOPPELBESCHLUSS (ein 30 Jahre zuvor entstandenes und hier erstmals digital veröffentlichtes Werk der damaligen Kinderrechtsbewegung). Eine der drei darin erhobenen Forderungen die Abschaffung des elterlichen Züchtigungsrechts ist immerhin 16 Jahre später (im Jahr 2000) erfüllt worden. Bleiben bis heute noch die Anliegen offen, welche die Schule und die Jugendgefängnisse betreffen ...
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Nun gibt es eine NEUE BEITRAGSREIHE für diesen Blog, nachdem drei Menschen so frei waren, einen am 31. Januar 2016 in der Welt am Sonntag erschienenen Artikel mit dem Titel "ANGST MACHT SCHULE" durch LESERBRIEFE zu kommentieren die von der Welt am Sonntag leider nicht veröffentlicht wurden und daher nun hier eine Leserschaft finden mögen - eine vielleicht aufmerksame, nachdenkliche, kritische Leserschaft.
Wir wünschen eine anregende und aufregende Lektüre!

"Angst macht Schule" - Die "Welt am Sonntag" über Schulvermeidung

Der ZEITUNGSARTIKEL ist online hier nachzulesen, in dem es um die "Schulvermeidung und damit verbundenen psychischen Erkrankungen" geht. "Zwei Typen gibt es bei jenen, die sich vor der Schule drücken", heißt es, "die Kinder, die hinter dem Rücken ihrer Eltern blaumachen, weil sie keine Lust auf die Schule haben. Und die Kinder, denen die Schule solche Angst macht, dass jeder Versuch, dort hinzugehen, zu einem Kampf für sie wird."
Es werden Erkenntnisse gewonnen:
"Manche Kinder müssen sich morgens vor der Schule übergeben oder haben starke Bauchschmerzen … Wer will und kann dann schon hart bleiben? Genau das müssten die Eltern aber eigentlich tun: Das Kind in die Schule schicken ..."
Und Hilfsmaßnahmen zur Erziehung dargestellt:
"Mit den Eltern wird besprochen, wie wichtig es ist, die Verantwortung für den Schulbesuch an ihr Kind zurückzugeben und ihm das Leben ohne Schule möglichst unattraktiv zu machen."
Denn: "Oberstes Ziel ist, dass die Schüler wieder so schnell wie möglich in die Schule gehen."
Aus juristischer, psychologischer und philosophischer Sicht wollte dies nicht unkommentiert bleiben, wie sich in den folgenden drei LESERBRIEFEN nachlesen lässt:

    "Angst macht Schule": Leserbrief des Rechtsanwalts Jost von Wistinghausen

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    der Artikel in der letzten Ausgabe der WAMS vom 31.01.2016 auf Seite 17 muss bei mir eine Reaktion hervorrufen, welche Sie hoffentlich in ungekürzter Fassung abdrucken können:

    Angst macht Schule? Schule macht Angst!

    Unter der Überschrift „Angst macht Schule“ wird das Phänomen der Schulvermeidung thematisiert, doch die Autorin kommt – durch die Befragung nur eines „Experten“ – zu einer fatalen falschen Schlussfolgerung. Schon die Überschrift hätte lauten müssen „Schule macht Angst“.

    Die Schüler versagen? Die Schule versagt!

    "Angst macht Schule": Leserbrief des Philosophen Bertrand Stern

    Welch ein bedauerlicher Beitrag! Ist dessen Autorin nie in den Sinn gekommen, was ein Wandel der normativen Setzungen unserer Zivilisation bedingt: Das, was einst noch galt, muss heute nicht zwangsläufig noch zutreffen! Dass vor zweihundert Jahren, als es weder Computer noch mikroinvasive Chirurgie, weder Weltraumflüge noch Telekommunikation gab, die Zwangsbeschulung als Fortschritt dargestellt wurde, bedingt noch lange nicht, dass wir uns heute, inzwischen im 21. Jahrhundert, danach richten müssten... Vor allem: Hat Ihre Autorin jemals darüber nachgedacht, was inzwischen auch in anderen Bereichen gilt: das angeblich Krankhafte ist vielleicht das eigentlich Gesunde und zugleich das Zeichen eines krankhaften Systems?
    Oder sollte ich die Absicht Ihrer Autorin missverstanden haben?

    "Angst macht Schule": Leserbrief der Psychologin Franziska Klinkigt

    Angst macht Schule?
    Wollen wir nicht lieber Liebe statt Angst?

    Stellen Sie sich einen lieben Menschen vor, dessen Wohl Ihnen am Herzen liegt: Ihre beste Freundin, Ihren besten Freund, Ihren Mann, Ihre Frau, Ihre Liebste, Ihren Liebsten, Ihren Bruder, Ihre Schwester, Ihre Mutter, Ihren Vater ... und sie oder er erzählte Ihnen Folgendes: "Meine Arbeit macht mir überhaupt keine Freude. Jeden Morgen, wenn ich aufstehe, spüre ich nichts als Lustlosigkeit. Es fällt mir manchmal wirklich schwer, dafür aufzustehen und mich da hinzuschleppen." Was wäre Ihre Reaktion?
    Stellen Sie sich vor, dieser liebe Mensch erzählte Ihnen dies: "Ich geh jeden Morgen mit Bauchschmerzen zur Arbeit. Sie macht mir so zu schaffen, dass ich vor Sorgen oft nachts nicht schlafen kann. Wenn ich morgens aufstehe, schnürt sich mir die Kehle zu. Manchmal ist mir so übel, dass ich sogar brechen muss." Was wäre Ihre Reaktion?